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Zum Thema Erbrecht
- Entlassungs- oder Fortführungsinteresse? Entlassung eines Testamentsvollstreckers sollte nur aus wichtigem Grund erfolgen
- Miet- und Wohnungseigentumsrecht: Keine Bindung des Eigentümers an Verpflichtungen des Nießbrauchsberechtigten
- Nachlasszeugnis verweigert: Keine familiengerichtliche Genehmigung für Ausschlagung eines werthaltigen Nachlasses nötig
- Nachweis der Amtsannahme: Formerfordernisse für Verfügungsberechtigung einer Testamentsvollstreckerin
- Testierfreiheit vor Eheschließungsfreiheit: Erblasser droht Sohn bei Heirat der Lebensgefährtin mit Enterbung
Das Nachlassgericht kann einen Testamentsvollstrecker entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, beispielsweise eine grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Ausübung des Amts. Genau deshalb schaute das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) noch einmal auf das Urteil vom Amtsgericht (AG) und kam zu einem anderen Ergebnis als die dortigen Kollegen, was die Vorwürfe gegen einen Testamentsvollstrecker anging.
Eheleute hatten ein notarielles Testament errichtet und sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Die Kinder der Ehefrau aus erster Ehe wurden zu Schlusserben bestimmt. Der Erblasser bestimmte zwei Personen zu gemeinsam vertretungsberechtigten Testamentsvollstreckern. Dann entließ das AG jedoch einen der Testamentsvollstrecker mit der Begründung aus seinem Amt, er habe vor Antritt seines Amts Handlungen in Bezug auf den Nachlass vorgenommen, die mangels Genehmigung nicht wirksam geworden seien. Er habe Haushaltsgegenstände an sich genommen und Nachlassmittel für persönliche Zwecke verwendet. Der Testamentsvollstrecker argumentierte, es habe eine Absprache mit dem weiteren Testamentsvollstrecker hierzu gegeben.
Das OLG hob die Entscheidung des AG auf und stellte fest, dass kein ausreichender Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers anzunehmen war. Viele der von der Miterbin erhobenen Vorwürfe haben vor seinem offiziellen Amtsantritt stattgefunden. Das Entnehmen von Haushaltsgegenständen habe auch nicht zu einer Schädigung oder erheblichen Gefährdung der Interessen der Erben geführt. Auch eine in Anspruch genommene Rechtsberatung, für die Kosten von 226,10 EUR angefallen sind, sei geringfügig und rechtfertige keine Entlassung des Testamentsvollstreckers.
Hinweis: Auch bei Feststellung eines wichtigen Grunds ist die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nicht zwingend. Es muss stets eine Abwägung zwischen Entlassungs- und Fortführungsinteresse vorgenommen werden, wobei der Wille des Erblassers und das Vertrauen der Erben berücksichtigt werden müssen.
Quelle: Brandenburgisches OLG, Beschl. v. 13.05.2024 - 3 W 113/23
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Ein Grundstückseigentümer ist berechtigt, nach Beendigung eines Nießbrauchsverhältnisses ein Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Ob dies auch in dem Fall gilt, in dem der Eigentümer das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten hat, war Gegenstand eines Rechtsstreits, der dem Bundesgerichtshof (BGH) vorlag.
Die Mutter der sich streitenden Geschwister hatte zu Lebzeiten ein Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn übertragen und sich ein Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vorbehalten, das ihr erlaubte, das Grundstück zu nutzen und zu vermieten. Nach ihrem Tod ging dieses Nießbrauchsrecht an den überlebenden Ehemann über, der die Immobilie an die Firma der gemeinsamen Tochter vermietete. Nach dem Tod des Vaters kündigte der Bruder als Alleineigentümer diesen Mietvertrag und forderte die Rückgabe des Grundstücks. Er war zunächst sowohl vor dem Landgericht als auch vor dem Oberlandesgericht (OLG) erfolgreich.
Nun aber hat der BGH die Entscheidung des OLG aufgehoben und zur erneuten Entscheidung dorthin zurückverwiesen. Dies jedoch aus rein formalen Gründen - denn er stellte klar, dass das Sonderkündigungsrecht für den Eigentümer nach Beendigung des Nießbrauchsverhältnisses weiterhin bestehe. Ein Grundstückseigentümer, der das Eigentum durch vorweggenommene Erbfolge erwirbt, hafte nicht automatisch für die Mietverträge des Nießbrauchsberechtigten, wie es beispielsweise im Fall einer Erbschaft wäre. Eine Bindung an den Mietvertrag könne nur bestehen, wenn der Übertragungsvertrag eine entsprechende Bestimmung enthält - und eben dies war vorliegend nicht der Fall.
Hinweis: Die in Übertragungsverträgen häufig verwendete Klausel, dass "Miet- und Pachtverhältnisse vom Erwerber beim Nießbrauchsende zu übernehmen" seien, reichen für eine über die gesetzliche Regelung hinausgehende Bindung an das Mietverhältnis nicht aus.
Quelle: BGH, Beschl. v. 12.06.2024 - XII ZR 92/22
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Während Eltern für sich selbst eine Erbschaft jederzeit ausschlagen können (unter anderem bei Nachlassüberschuldung), bedarf eine Ausschlagung für die eigenen minderjährigen Kinder in bestimmten Fällen der Genehmigung durch das Familiengericht. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn nicht beide Elternteile gleichzeitig sorgeberechtigt sind. Im Fall, den der Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheiden hatte, handelte es sich aber um einen werthaltigen Nachlass.
Die Eheleute hatten sich aufgrund eines Erbvertrags wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt und die gemeinsamen Kinder zu Schlusserben. Nach dem Tod seiner Ehefrau schlugen der Mann und in der Folge die Kinder für sich selbst sowie der Sohn der Erblasserin für das eigene, noch ungeborene Kind die Erbschaft aus - mit dem Ziel, die gesetzliche Erbfolge zu nutzen und letztlich Erbschaftsteuer zu sparen. Das Nachlassgericht verweigerte jedoch die Ausstellung eines europäischen Nachlasszeugnisses, da die Ausschlagungserklärung für das damals noch ungeborene Kind nicht durch das Familiengericht genehmigt worden sei. Das Gericht war daher der Ansicht, dass dies notwendig sei, um einen Interessenkonflikt zwischen dem Vater und den Kindern zu vermeiden. Dies wurde auch durch das Oberlandesgericht zunächst bestätigt.
Der BGH hob die Entscheidung jedoch auf und entschied, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich sei. Es handele sich nämlich um eine durchaus bewusste Festlegung des Gesetzgebers, dass Eltern für ihre Kinder eine Erbschaft ausschlagen können, wenn sie nicht als Miterben gelten. Der BGH betonte zudem, dass das Kind nicht benachteiligt werde, da es keine gesicherte Erbposition hatte und die Ausschlagung in seinem Interesse lag. Der BGH entschied, dass dem Vater ein europäisches Nachlasszeugnis auszustellen war, das ihn und seine Kinder gemeinsam als Erben ausweist.
Hinweis: Eine familiengerichtliche Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn die Erbschaft dem minderjährigen Kind erst infolge der Ausschlagung des sorgeberechtigten Elternteils anfällt und dieser Elternteil nicht neben dem Kind als Erbe berufen war.
Quelle: BGH, Beschl. v. 04.09.2024 - IV ZB 37/23
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Im Zuge der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft beantragte ein beurkundender Notar die Änderung des Grundbuchs. Zuvor war die Enkelin der Erblasserin im Rahmen eines notariellen Testaments zur Testamentsvollstreckerin ernannt worden. Vor dem Oberlandesgericht München (OLG) ging es daher um die Frage, welcher Nachweis durch die Testamentsvollstreckerin erbracht werden müsse, um deren Verfügungsbefugnis über eine Immobilie als Nachlassgegenstand nachzuweisen.
Mit Schreiben vom 28.05.2024 beantragte der Notar beim Grundbuchamt den Vollzug der Eigentumsumschreibung. Beigefügt waren unter anderem eine beglaubigte Abschrift der Niederschrift des Nachlassgerichts über die Eröffnung der genannten Testamente sowie eine Abschrift der mit einem Eingangsstempel der Justizbehörden versehenen Erklärung der Testamentsvollstreckerin, dass sie das Amt annehme. Das Grundbuchamt lehnte die Eintragung von Eigentumsrechten im Grundbuch ab, weil es Zweifel an der ausreichenden Form des Nachweises der Amtsannahme der Testamentsvollstreckerin gab.
Das OLG entschied jedoch, dass entgegen der Annahme des Grundbuchamts die Verfügungsbefugnis der Testamentsvollstreckerin durch Vorlage der Verfügung von Todes wegen (hier das Testament) und Niederschrift über deren Eröffnung durchaus nachgewiesen werden könne. Die Annahme eines Testamentsvollstreckeramts müsse zudem durch eine Bescheinigung des Nachlassgerichts, eine öffentlich beglaubigte Annahmeerklärung oder durch eine Niederschrift des Nachlassgerichts nachgewiesen werden. Die im konkreten Fall vorgelegte Annahmebescheinigung war nach Ansicht des OLG hierfür ausreichend, da sie zum einen die Erklärung der Annahme sowie zum Zweiten auch die Personalien der Testamentsvollstreckerin beinhaltete und von einem Rechtspfleger ausgestellt war.
Hinweis: Eine privatschriftliche Erklärung kann im Hinblick auf die Formerfordernisse nicht zum Nachweis der Amtsannahme eines Testamentsvollstreckers ausreichen.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 24.09.2024 - 34 Wx 218/24 e
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 12/2024)
Das Oberlandesgericht München (OLG) musste sich mit der Wirksamkeit einer Klausel in einem privatschriftlichen Testament beschäftigen. Der Erblasser hatte zwei Söhne, die er jeweils hälftig zu seinen Erben einsetzte. Auf der letzten Seite des Testaments verfügte der Erblasser, dass er seinen namentlich benannten Sohn enterbt, sollte dieser seine derzeitige Lebensgefährtin heiraten. So etwas kann doch nicht zulässig sein - oder etwa doch?
Der Sohn heiratete seine Lebensgefährtin trotz der Klausel. Und es kam, was zu erwarten war: Nach dem Tod des Erblassers beantragte der Bruder einen Alleinerbschein. Diesen wies das Nachlassgericht jedoch zurück, da es der Ansicht war, dass die Klausel in dem Testament sittenwidrig sei.
Das OLG teilte diese Ansicht im Ergebnis nicht und argumentierte damit, dass die Testierfreiheit des Erblassers Vorrang habe vor der Eheschließungsfreiheit des Sohns. Der Erblasser durfte frei darüber bestimmen, wen er als Erben einsetzen wollte. Selbst wenn man unterstellen wollte, dass die Klausel sittenwidrig wäre, führt dies nach Ansicht des OLG nicht automatisch dazu, dass der nunmehr verheiratete Sohn hälftig Miterbe werde. Das Gericht stellte klar, dass der Erblasser den Sohn nur unter der Bedingung der Nichtheirat als Erben einsetzen wollte. Da diese Bedingung nicht erfüllt wurde, war dessen Bruder zum Alleinerben berufen.
Hinweis: Die Sittenwidrigkeit einer Klausel führt nicht zwangsläufig zu einer Unwirksamkeit der gesamten testamentarischen Verfügung. Im Ergebnis kommt es immer darauf an, ob der Wille des Erblassers durch die übrigen Verfügungen aufrechterhalten werden kann.
Quelle: OLG München, Beschl. v. 23.09.2024 - 33 Wx 325/23 e
zum Thema: | Erbrecht |
(aus: Ausgabe 12/2024)